Burgenland Meierhof Heuriger
0636-AWG-AT-2012
Architect: AllesWirdGut Architektur
Status: Competition (2012)
Clasification: 1 prize
Visualizer: Studio
Scale: 4.353 ㎡ Medium
Types: Commercial, Winery

Prämisse

– der Meierhof als autarkes Kleinstdorf ist Modell für die gestellte Wettbewerbsaufgabe,
– der Meierhof als solches existiert heute nur mehr in Form seiner Bau- und Siedlungstypologie

Konklusion 

Der Wert des Grundstücks besteht in der Historie des Ortes und dem Charakter seiner Relikte. Eine Neuplanung sollte beide Wertschöpfungsaspekte berücksichtigen und integrieren. Unser Entwurf vereinbart eine Rekonstruktion der Anlage mittels zeitgemäßer architektonischer Mittel bei gleichzeitiger weitestgehender Erhaltung der schützenswerten Substanz.

Strategie der rekonstruktion / Erhaltung

Siedlungstypologie:

Alle Neu- und Zubauten der jüngeren Vergangenheit (Tankstelle, Garage, Wohngebäude, u.a.) werden aus dem Verband der Anlage entfernt. Historisch bedeutende Teile des Meierhofs bleiben erhalten oder dienen als Vorlage für die rekonstruierte Siedlungstypologie.

Folgende Elemente definieren den Gebäudering und werden erhalten: (im Uhrzeigersinn, links unten beginnend)

– Verwalterhaus,
– Gesindehaus,
– Stall,
– Scheune inkl. Schmiede

Eine zusätzliche Option für ein weiteres Gebäude bietet die Position des ehemaligen Wohngebäudes, welches aufgrund seiner gestalterischen Sonderstellung von uns als nicht erhaltenswert erachtet wird. Der Weiher wird zur klar erkennbaren neuen Mitte der Anlage. Alle fünf Gebäude orientieren sich mit ihren Schauseiten zu diesem Zentrum.

Die Einfriedung des Meierhof wird wiederhergestellt und um ein weiteres Tor (Richtung B52) erweitert. Diese Markierungen in der Landschaft (Punkt, Ring, Linie = Weiher, Gebäude, Einfriedung) lassen die Definition unterschiedlicher Freiräume zu:

– repräsentativer zentraler Innenhof (innerhalb der Gebäude): Lehrgarten, Weiher, Baumkreis,
– private und halbprivate Erholungsfreiräume (zwischen den Gebäuden): Wald, Wiese,
– halböffentliche Zweckfreiräume (zwischen Gebäude und Einfriedung): Manipulation, Parken,
– endloser Naturfreiraum (außerhalb der Einfriedung): Landwirtschaftliches Umland

Bautypologie:

Die Erhaltung bzw. Rekonstruktion der Gebäudetypologie bedient sich folgender Grundregeln:

– Proportionen werden erhalten,
– Außenmauern werden erhalten, Innenmauern werden abgerissen,
– Fassadenöffnungen werden beibehalten, neuen Öffnungen werden keine geplant,
– Dächer werden abgerissen und durch zeitgemäße Elemente ersetzt,
– Dachneigungen zum Weiher werden beibehalten,
– Dachumriss zur Einfriedung kann entsprechend der zukünftigen Nutzung neu formuliert werden

Je nach Bestandsgebäude übernimmt der neue Dachaufbau unterschiedliche Aufgaben:

– Wetterschutz: das Dach als Dach auf dem Mauerbestand,
– Raum bildendes Element: das Dach als ausgebauter Dachboden auf dem Mauerbestand,
– Raum strukturierendes Element: das Dach als Einzelraumkörper im Mauerbestand,
– Raum organisierendes Element: das Dach als Möbel im Mauerbestand

Materialien:

Die vorgeschlagenen Materialien machen die Strategie von Rekonstruktion und Sanierung sichtbar. Die zu erhaltenden Bauteile (Außenmauern) werden entsprechend den Nutzungen saniert und nach traditioneller Art weiß verputzt. Alle neu hinzugefügten Bauteile werden mittels vertikal geordneter Holzschalung verkleidet.

Besiedelungsstrategie

Entsprechend der vorliegenden Siedlungselemente und den Anforderungen durch das gegebene Raum- und Funktionsprogramm ergibt sich folgende Besiedelungsstrategie:

Verwalterhaus > Verwalterhaus

Das erst kürzlich renovierte Verwalterhaus bleibt sowohl in seiner Funktion als auch in seiner Gestalt erhalten. Der bestehende, dichte Pflanzenbewuchs, welcher das Haus an allen vier Seiten umschließt,  erzeugt notwendige Privatsphäre für die Bewohner.

Gesindehaus > Tanklager und Schaulager

Aufgrund seiner guten, direkten Lage in unmittelbarer Nähe zum Weingut Esterházy beherbergt das alte Gesindehaus das neue Tanklager, welches im Bereich der Hauptzufahrt als Schaulager für die Besucher des Meierhofes ausgeführt werden kann.

Der Boden wird ähnlich einem Erdkeller abgegraben um die notwendige Raumhöhe von 6m im bestehenden Gebäudeumriss zu ermöglichen. Im vorderen Teilbereich kann der Raum durch eine ebenerdig angebundene Zwischendecke zweigeschossig werden. Ein begehbares Schaulager für die Besucher kann angeboten werden.

Das Dach übernimmt lediglich die Funktion eines Wetterschutzes. Die notwendigen klimatischen Bedingungen werden als Raum-im-Raum Konzept mittels Aluminium-Sandwich-Paneelen erzeugt.

Stall > Heuriger

Der Stall zeichnet sich aufgrund seiner baulichen Besonderheiten (Eisenstützen, Gewölbedecke) durch ein hohes Maß an innenräumlicher Qualität aus. Dieses Potential wird für den Gastraum inklusive Verkaufsbereiche des Heurigen genutzt.

Der Innenraum wird entsprechend dem vorgegebenen Stützenraster durch eine zentrale Längserschließung mit seitlich angeordneten Raumnischen organisiert. Der Gesamtraum kann somit an jeder Querachse in einzelne Unterbereiche unterteilt werden.

Notwendige Nebenräume (Küche, u.a.) werden in einem direkt angeschlossenen Zubau untergebracht. Die Sanitärbereiche finden sich für alle Gäste (sowohl Innenraum als auch Terrasse) gut erreichbar zentral im Bestandsannex.

Das Dach übernimmt die Funktion des Wetterschutzes und tritt im Innenraum (losgelöst vom Dachkörper) als Großmöbel wieder in Erscheinung. Dieses Großmöbel (bestehend aus Boden und Wandelementen) dient einerseits der räumlichen Organisation (Raumnischen), andererseits leistet es als Vorsatzschale einen technischen Beitrag zur Mauersanierung (Hinterlüftung).

Scheune inkl. Schmiede > Verwaltung

Durch das historische Haupttor im Nordosten direkt vom Umland erschlossen, bietet die alte Scheune inklusive der Schmiede ein Gebäude mit zwei Schauseiten. Die Mitarbeiter der Verwaltung nutzen die (vermeintliche) zweite Vorderseite als privaten und direkten Zugang in ihre Arbeitsräumlichkeiten, während Besucher über den Innenhof das alte und neue Kommunikationszentrum der Anlage betreten können: die Schmiede = Besucherzentrum.

Der Hauptraum wird entkernt und durch einzelne Raumelemente, welche vom darüberliegenden Dachaufbau nach unten reichen, in einzelne zusammenhängende Unterbereiche zoniert. Dieser spannenden Bereiche zwischen alter und neuer Bausubstanz bieten zusätzliche Flächen, welche unterschiedlich genutzt werden können (Ausstellung, Event, Büroerweiterung, u.a.).

Der aufgesetzte Dachaufbau wird mittels zweier Stiegenanlagen und einem Lift erschlossen. Die einzelnen Büroräumlichkeiten sind als klassische Zweibundanlage, basierend auf einem Raster von 135cm, organisiert und bieten dadurch größtmögliche Flexibilität bei der Raumeinteilung.

Die ehemalige Schmiede bleibt als Raum mit freiem Dachraum erhalten und kann als Infopoint für die gesamte Anlage genutzt werden.

Neubauoption Wohngebäude > Apartments und Gästezimmer

An Stelle des alten Wohngebäudes tritt ein neues Wohngebäude, welches der Marktsituation entsprechend in seiner Größe (Längsausdehnung) durch einzelne Module angepasst werden kann. Es werden zwei unterschiedlich große Module angeboten um größere Flexibilität auch in Hinblick auf die Vermietung erzielen zu können.

Zwischen zentralem Innenhof und Einfriedung positioniert, gewährt jedes Apartment und Zimmer den  Gästen direkten Blick in das öffentliche Zentrum der Anlage, wie auch private Freibereiche jenseits der Einfriedung im landwirtschaftlichen Umland. Zudem ist jede Einheit zusätzlich mit einem intimen, südorientierten Innenhof ausgestattet.

Entsprechend dem vorliegenden Materialkonzept tritt das Alte als Rekonstruktion in Form der Einfriedung (von Außen sichtbar) und als Sanitärkern (im Innenraum) in Erscheinung. Die Gebäudehülle selbst wird entsprechend aller neuen Bauelemente mittels Holzschalung verkleidet. Durch die serielle Aneinanderreihung können genau so viele Einheiten errichtet werden, wie notwendig.

Freiraum / Verkehr

Das Konzept der Freiraumplanung sieht eine neue, zentrale und verkehrsfreie Mitte innerhalb der Gebäude vor.

Der Erfolg eines Meierhofs war immer vom Zusammenleben seiner Mitglieder geprägt. Ein gesundes Zusammenleben der unterschiedlichen Bewohner manifestierte sich in einem vitalen zentralen Freiraum.

Die graphische Gestaltung mittels Kreiselementen verweist augenzwinkernd auf diesen Gedanken und die Zeit barocker Freiraumplanungen.

Freiraum

Ausgehend vom Weiher werden in der neuen Mitte von Innen nach Außen unterschiedliche Freiraumzonen schichtenweise angeordnet. Die Schichtung ermöglicht unterschiedliche Freiraumqualitäten: von intim zu exponiert, von Baum zu Wiese, von Wasser zu Kies. Die Besucher können beim Spaziergang in einer dieser Atmosphären verweilen oder durch eine aufregende Sequenz unterschiedlicher Stimmungen wandern.

Die einzelnen, den Nutzungen zugeordneten Freibereiche in den Ecken der Anlage schaffen zusätzliche Freiräume unterschiedlichen Charakters für weitere Attraktionen (Spielwiese, Wald mit Lichtung, Schaugarten Weinbau, privater Garten).

Verkehr

Eine als Einbahn geführte Ringerschließung in der neuen Mitte ermöglicht in Ausnahmefällen eine direkte Vorfahrt zu den Gebäuden. Durch die Ringform ergeben sich Zwickelbereiche zwischen Verkehr und Nutzungen, welche eine ausreichende Privatsphäre sicherstellen.

Der Besucherparkplatz für die Gäste von Weingut, Heurigen und Apartments liegt zentral für alle gut erreichbar vor dem neuen südwestlichen Einfahrtstor außerhalb des Meierhof.

Es wird vorgeschlagen die von der Flächenwidmung in Aussicht gestellte Zusatzfläche südlich des Meierhofs gegen eine Erweiterung im westlichen Bereich entlang der Zufahrtsstraße zu tauschen.

Der Mitarbeiterverkehr des Verwaltungsbaus wird nördlich der Einfriedung am Meierhof vorbei geführt und über das alte Haupttor im Nordosten zum privaten Parkplatz im Zwischenbereich Verwaltung / Einfriedung geleitet. Sämtlicher Lieferverkehr erfolgt ausschließlich von ‘Außen’ möglichst direkt durch die Einfriedung.

Baudurchführung

Alle Neubauelemente können als vorgefertigter Holzbau unter perfekten Produktionsbedingungen im Werk hergestellt werden. Auf diese Weise können folgende Aspekte garantiert werden:

– bestmögliche Ausführungsqualität,
– nachwachsender ökologischer Baustoff,
– parallele Ausführungszeiten von Sanierungsmaßnahmen und Ausbauarbeiten,
– kurze Baustelleneinrichtungszeiten (Aufbau in wenigen Tagen),
– Umsetzung in einzelnen Bauphasen ohne störende Unterbrechung des Betriebs

Team: Adrian Leitoiu, David Kovarik, Jakub Klima, Ondrej Stehlik | Model maker: Kaufmann Modellbau | Post date: 21/10/2012 | Views: 2.663